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  • Junge Christinnen beim Musizieren in Lettland. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Lucia Wicki-Rensch, Informationasbeauftragte von «Kirche in Not (ACN)» CH/FL, Erzbischof Zbigņevs Stankevičs aus dem lettischen Riga und Gemeindeleiter Diakon Bernhard Engeler aus Oberwil BL am 6.8.2021. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Lucia Wicki-Rensch, Informationasbeauftragte von «Kirche in Not (ACN)» CH/FL, Erzbischof Zbigņevs Stankevičs aus dem lettischen Riga und Gemeindeleiter Diakon Bernhard Engeler aus Oberwil BL am 6.8.2021. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Erzbischof Zbigņevs Stankevičs aus dem lettischen Riga im Gespräch mit Gottesdienstbesuchern am Freitagabend in Oberwil BL am 6.8.2021. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)

Erzbischof aus Riga praktizierte früher Yoga

Erzbischof Zbigņevs Stankevičs aus dem lettischen Riga weilte zwischen dem 6. und 8. August 2021 auf Einladung von «Kirche in Not (ACN)» im Grossraum Basel. Das Interview mit dem Erzbischof führte Ivo Schürmann, Referent für Öffentlichkeitsarbeit von «Kirche in Not (ACN)» Schweiz/Liechtenstein.

Zbigņevs Stankevičs, geboren 1955, wurde in der Lutherischen Domkirche, erbaut im 13. Jahrhundert, in Riga am 8. August 2010 zum Bischof geweiht. Als Erzbischof von Riga ist er auch Metropolit der drei übrigen lettischen Bistümer Liepāja, Rēzekne-Aglona und Jelgava. Die Katholiken stellen mit einem Anteil von 19,5% unter den Einwohnern des Landes die zweitgrösste christliche Glaubensgemeinschaft nach den evangelisch-lutherischen Christen, mit 22%.

«Kirche in Not (ACN)»: Die baltischen Staaten erlebten ein bewegtes 20. Jahrhundert mit verschiedenen Phasen von Besetzungen durch ausländische Mächte. Was bedeutete dies für die Kirche in der Vergangenheit?
Erzbischof Stankevičs: Die Kirche und Christen wurden verfolgt, aber nicht gebrochen. Die Kirche zeigte Solidarität mit dem unterdrückten Volk. Die Verfolgung stärkte den Glauben und machte sie glaubwürdiger.

Sie selbst erlebten die Zeit der Kontrolle Lettlands durch die Sowjetunion. Was für Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Meine schönsten Erinnerungen beziehen sich auf meine spirituelle Suche und Tätigkeit in der ökumenischen Untergrund-Gebetsgruppe.

Seit dem Jahr 2004 gehören Lettland, Litauen und Estland sowohl der EU wie auch der Nato an. Hat das auch Auswirkungen auf die Kirche?
Das betrifft zweifellos auch die Kirche. Die lettische Bischofskonferenz ist inzwischen Teilnehmer der COMECE (Kommission der Bischofskonferenzen in der EU). Die Mitgliedschaft in der EU und der NATO hat den Weg für breitere internationale Kontakte geebnet. All dies hat leider auch zur Säkularisierung beigetragen, aber insgesamt überwiegen die positiven Effekte.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Kirchen in Lettland?
Lettland hat eine gute ökumenische Zusammenarbeit. Das beweist die Tatsache, dass ich in einer lutherischen Katherdrale zum Bischof geweiht wurde. Die gute Zusammenarbeit wird durch die gleichmässige Verteilung traditioneller christlicher Konfessionen erleichtert. Der Staat respektiert die Kirche, weil die verschiedenen Konfessionen in den wichtigsten Fragen eine gemeinsame Position vertreten. Bei der Bewahrung traditioneller Werte sowie bei der Verwendung der Finanzen findet eine gute Zusammenarbeit statt.

Wo sehen sie die aktuellen Herausforderungen der Kirche in Lettland?
Die grössten Herausforderungen in der lettischen Kirche sind die Einbindung der Laien und die pastorale Erneuerung der Gemeinden sowie die geringe Zahl an Berufungen. Geldmangel für Bildungseinrichtigungen und andere wichtige Projekte bilden eine stete Herausforderung.

Wie steht es um die Berufungen in Lettland?
Der Mangel an Berufungen ist eines der grössten Probleme der lettischen Kirche. Derzeit gibt es 7 Priesteramtskandidaten im Interdiözesanen Seminar und 4 im Seminar Redemptoris Mater. Dem Thema Berufungen muss in Zukunft viel Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Sie erleben in Lettland offenbar eine gewisse Kirchenferne der Gläubigen oder gar Abkehr vom Glauben. Wie äussert sich das?
Obwohl die Kirche in der lettischen Gesellschaft immer noch eine wichtige Rolle spielt, hat in den letzten Jahrzehnten eine rasante Säkularisierung stattgefunden. Immer mehr Menschen stehen dem Glauben gleichgültig gegenüber, was es ausländischen Ideologien ermöglicht, die Gesellschaft zu infiltrieren. Deshalb gilt die Evangelisierung als eine der Prioriäten im Land.

Wie wird die Kirche in der lettischen Öffentlichkeit wahrgenommen?
Momentan geniesst die Kirche Respekt, insbesondere wenn traditionelle Denominationen in wichtigen Fragen eine gemeinsame Position vertreten.

Wie kann der katholischen Kirche in Lettland durch «Kirche in Not (ACN)» am besten geholfen werden?
Ich finde es wichtig, Projekte zu unterstützen, die der Evangelisierung dienen. Aber auch pastorale Projekte von Pfarreien, Orden und Bewegungen gilt es nicht ausser acht zu lassen. «Kirche in Not (ACN)» half bei der Renovation eines Gebäudes in der Kurie und vielen weiteren Projekten. Das Hilfswerk finanzierte mir als jungem Priester mein erstes Auto, was mir äusserst dienlich war.

Bevor Sie Priester wurden, arbeiteten Sie als Ingenieur. Wie kommt es, dass Sie sich der katholischen Theologie zugewandt haben?
Ich stamme aus einer katholischen Familie. In meiner Jugend verlor ich meinen Glauben, aber es gab eine spirituelle Suche. Unter anderem kam ich auch mit Yoga in Berührung. Als ich zum Glauben zurückkam, spielte die ökumenische Gruppe der Untergrundgebete eine zentrale Rolle für meinen weiteren Glaubensweg.

Wie kommt es, dass Sie so gut Deutsch sprechen?
Deutsch lernte ich an einer Sprachschule. Als junger Priester verbrachte ich als Ferienvertretung vier Sommer in Deutschland in einer Pfarrei. Dies war ein gutes Sprachtraining. Noch heute pflege ich gute Kontakte nach Deutschland.

Was möchten Sie der Bevölkerung in der Schweiz mit auf den Weg gegeben?
Ich wünsche den Menschen in der Schweiz Eifer im Glauben und bei der Evangelisierung.  

«Kirche in Not (ACN)» unterstützt Projekte im Baltikum (Litauen, Lettland und Estland) jährlich mit rund CHF 100‘000.