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  • Xavier Stephen Bisits (links), Sektionsleiter für Libanon und Syrien, besucht eine Familie in Bourj el Hammoud, einem Armenviertel von Beirut. Diese Familie profitiert von dem von den Schwestern von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens organisierten Finanzhilfeprojekt. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Miete für 100 Familien in Beirut für 12 Monate (August 2021/August 2022). (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Soforthilfe für Transport und Lebensmittel für drei Schulen in armen Stadtvierteln von Beirut - (Schuljahr November 2021/ Juni 2022). (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)

Christen fliehen vor Kreuzfeuer zwischen der Hisbollah und Israel im Südlibanon

Während viele Christen in sicherere Gegenden geflohen sind, bleiben Priester und Ordensleute, um denjenigen zur Seite zu stehen, die geblieben sind, um nach ihren Häusern zu schauen, oder die zu alt oder gebrechlich sind, um fortzuziehen. «Kirche in Not (ACN)» hilft in dieser Notsituation unter anderem mit Lebensmittelpaketen und medizinischer Hilfe und ermöglicht christlichen Schülern in der Region den Zugang zu Online-Unterricht.

Laut der vom internationalen Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)» im Libanon gesammelten Informationen, sind seit Oktober in einigen christlichen Dörfern bis zu 90 % der Bevölkerung geflohen und haben in anderen Landesteilen Zuflucht gesucht. Zwar sind einige der Bewohner inzwischen zurückgekehrt, da sie in Beirut keine langfristige Bleibe gefunden haben, doch scheint sich diese Rückkehr vorerst verlangsamt zu haben.

Seit Beginn der Militäroperation gegen die Hamas im Gazastreifen liefern sich Israel und die Hisbollah im Südlibanon einen fast täglichen Raketenbeschuss. Die Angst vor einer Rückkehr des Krieges im Südlibanon weckt Erinnerungen an den Krieg von 2006 und bedroht nach Ansicht der lokalen Kirche die historische christliche Präsenz in der Region. Das bisher am stärksten betroffene Dorf sei Alma el Chaeb, wo 15 Häuser durch Raketenbeschuss zerstört und Angehörige einer Familie, deren Kinder die katholische Schule des Dorfes besuchten, getötet wurden. In Yaroun wurde die melkitisch-katholische Kirche beschädigt, wobei glücklicherweise niemand verletzt wurde.

Leere Strassen
„Täglich finden nach wie vor Bombardierungen statt. Die Straßen sind sehr ruhig: Man sieht nicht mehr das typische Bild von Männern, die auf Hockern sitzend Kaffee trinken und von Kindern, die Fussball spielen. Die Menschen haben zu große Angst, um auf ihre Felder zu gehen. Das hat wirtschaftliche Auswirkungen auf die Familien, von denen viele aufgrund des anhaltenden finanziellen Zusammenbruchs im Libanon ohnehin schon arm sind“, sagt Xavier Stephen Bisits, der die Projekte von «Kirche in Not (ACN)» in der Region leitet und vor kurzem einen Besuch in dem Gebiet unternommen hat.

«Kirche in Not (ACN)» habe ein Notfallpaket für die katholischen Schulen in der Region genehmigt, die ihre Aktivitäten einschränken und auf Online-Unterricht umstellen mussten. „Die Aufrechterhaltung des Unterrichts ist jetzt entscheidend. Die Menschen sind dankbar dafür“, so Bisits. Aus einigen Orten seien ganze Familien weggezogen und hätten nur eine Person zurückgelassen, die nach dem Eigentum schaue und es vor Diebstahl schütze, aber glücklicherweise seien andere Dörfer und Städte weniger betroffen. Das Leben in Tyr, einer wichtigen Stadt mit einer bedeutenden christlichen Gemeinde, verlaufe zum Beispiel relativ normal.

Kirche bleibt unerschütterlich
Während viele Menschen zu Verwandten nach Beirut oder an andere sichere Zufluchtsorte gezogen sind, bleiben die Geistlichen und Ordensleute, die der christlichen Gemeinschaft dienen, vor Ort. Kein einziger Priester hat nach Aussage der Verantwortlichen seine Herde verlassen. Kürzlich reisten die Bischöfe der maronitischen und der melkitischen Kirche sogar in die Orte, die der Grenze zu Israel am nächsten liegen, um die Eucharistie zu feiern und sich selbst ein Bild von der Lage zu machen.

„Der maronitische Bischof von Tyr hat kürzlich im Dorf Rmeich unter der Gefahr von Bomben eine Messe gefeiert. Dies ist ein Beweis für den festen Glauben und die Widerstandsfähigkeit der Menschen in dieser Region. Auch der melkitische Bischof von Tyr besuchte die Gläubigen in den Dörfern entlang der Grenze. Er war sehr beeindruckt von der erschütternden Leere, die er in Yaroun erlebte, wo nur noch einige junge Männer über die Häuser wachen, darunter ein blinder Mann, der es nicht erträgt, das Dorf zu verlassen“, so Xavier Bisits von «Kirche in Not (ACN)». Eine Sorge gilt den älteren Menschen, die zu gebrechlich sind, sich auf den Weg in die Sicherheit zu begeben. In diesem Zusammenhang haben die Schwestern der Heiligsten Herzen Jesu und Mariens in Debel damit begonnen, ihnen in ihrem Kloster Schutz zu gewähren, wann immer die Gefahr der Bombenanschläge steigt.

Angst vor einem neuen Krieg
Im sicheren Beirut haben viele christliche Familien ihre Türen für diejenigen geöffnet, die aus dem Süden geflohen sind. Häuser, in denen früher eine Familie lebte, beherbergen jetzt bis zu drei Familien, was eine Belastung für die Ressourcen, die psychische Gesundheit und die Hygiene darstellt. Die örtlichen Kirchen versuchen, Gemeinschaftsräume zu schaffen, um für den Fall, dass sich die Situation verschlimmert, weitere Binnenflüchtlinge aufnehmen zu können. „Neben der unmittelbaren Gefahr für Leben und Eigentum erleiden auch die landwirtschaftlichen Felder Schaden. Oliven und Tabak sind eine wichtige Einnahmequelle für die lokalen Gemeinschaften, aber die Landwirtschaft - und im Fall der Oliven die Ernte - ist zum Erliegen gekommen, weil die Menschen Angst haben, auf ihre Felder zu gehen“, sagt Xavier Bisits.

All dies geschieht vor dem Hintergrund einer politischen und finanziellen Krise. „Die Situation ist besorgniserregend. Die Angst vor einem erneuten Krieg beherrscht die Gespräche. Das Fehlen einer offiziellen Führung, die Orientierung oder Sicherheit bietet, ist beunruhigend. Die Menschen wünschen sich Stabilität, ein Ende der Ungewissheit und die Rückkehr zu einem ‚normalen‘ Leben“, sagt Bisits. „Eine immer wiederkehrende Botschaft, die wir von den meisten Menschen vor Ort hören, ist, dass der Libanon keinen neuen Krieg will. Bis zu einem gewissen Grad haben sie jedoch das Gefühl, dass die Entscheidung nicht von ihnen abhängt.“ Seit dem Beginn der Militäroperation gegen die Hamas im Gazastreifen sind auch die Spannungen zwischen Israel und der Hisbollah, der vom Iran unterstützten paramilitärischen Gruppe, die vom Libanon aus operiert, gestiegen. Nach Angaben internationaler Medien wurden bei den Gewalttätigkeiten, die sich weitgehend auf das Grenzgebiet beschränken, mehr als 130 Menschen im Libanon getötet, darunter 94 Hisbollah-Kämpfer und 17 Zivilisten. In Israel wurden bei den Feindseligkeiten acht Soldaten und vier Zivilisten getötet. Obwohl sich die meisten israelischen Angriffe gegen Ziele der Hisbollah richteten, die sich in der Regel in schiitischen Gebieten befinden, waren auch einige christliche Dörfer betroffen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Christen in dieser Region mit Vertreibung und Umsiedlung konfrontiert sind. Früher waren die Christen in weiten Teilen des Südlibanon in der Mehrheit, haben das Gebiet aber in den letzten Jahrzehnten aufgrund des Bürgerkriegs und der Kämpfe mit Israel verlassen, so dass es zu einer schiitischen Hochburg wurde.

«Kirche in Not (ACN)» hat eine Reihe von Soforthilfeprojekten zur Unterstützung der Kirche im Südlibanon genehmigt, darunter die Bereitstellung von Lebensmittelpaketen, medizinische und soziale Hilfe, Unterstützungfür katholische Schulen, Ausrüstung für eine katholische Krankenstation und die Verteilung von Hygieneartikeln. ACN arbeitet mit der maronitischen und melkitischen Kirche vor Ort sowie mit den Schwestern der Heiligsten Herzen Jesu und Mariens zusammen.