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  • Ein verbranntes katechetisches Kreuz auf dem Balkon der koptisch-katholischen St.-Georgs-Kathedrale in Luxor - in den Trümmern und der Glut der alten Kathedralkirche, die am 20. April 2016 zerstört wurde (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Der koptisch-katholische Patriarch Ibrahim Sidrak (Patriarch der katholischen koptischen Kirche in Ägypten) während der Konferenz in Abu Dhabi über menschliche Brüderlichkeit (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Renovierung der koptisch-katholischen Kathedrale in Luxor (ROACO EGT. 196- II/2016 ). (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Renovierung der koptisch-katholischen Kathedrale in Luxor (ROACO EGT. 196- II/2016 ). (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)

Ägypten: „Wir verzeichnen echte Fortschritte“

Seine Seligkeit Msgr. Ibrahim Sidrak, der koptisch-katholische Patriarch von Alexandria, leitet die kleine koptisch-katholische Kirche mit etwa 300.000 Gläubigen. In einem Interview mit «Kirche in Not (ACN)» spricht er über die Herausforderungen und Erfolge in Ägypten, einem Land, das für viele Christen ein Zufluchtsort ist.

Wie erklären Sie sich, dass es im Gegensatz zu anderen Ländern des Nahen Ostens bisher nicht zu einer massiven Auswanderung ägyptischer Christen gekommen ist?
Historisch gesehen haben wir eine grosse Gemeinschaft von Christen - wahrscheinlich 15 Millionen! - die fest in die ägyptische Gesellschaft integriert sind. Während man einen muslimischen Ägypter fragen könnte, ob seine Familie aus einem anderen Land stammt, trifft dies auf Kopten nicht zu. Wenn jemand koptisch ist, bedeutet das, dass seine Familie seit Generationen in Ägypten lebt. Anders als in den Nachbarländern, wo die Religionsfreiheit abgenommen hat, hat sich die Situation in Ägypten verbessert. In den letzten zehn Jahren haben wir echte Fortschritte gemacht: Unsere Kirchen sind staatlich anerkannt und es gibt deutlich weniger Gewaltakte gegen uns als früher.

Vor zwölf Jahren übernahmen Mohamed Morsi und die Muslimbrüder die Macht in Ägypten. War das eine schreckliche Zeit?
Ja, diese Zeit war schwierig, aber glücklicherweise dauerte sie nicht lange. Unter der Herrschaft von Mohamed Morsi nahmen die Angriffe auf die Kopten zu. Ich denke, die Ägypter wählten 2012 die Muslimbruderschaft, weil sie ihnen eine Chance geben wollten. Diesen Fehler werden sie nicht wiederholen.

Glauben Sie, dass das Problem der Muslimbruderschaft, die in Ägypten entstanden und religiösen Minderheiten gegenüber sehr feindlich eingestellt ist, gelöst ist?
Solche Bewegungen verschwinden nie ganz, aber die aktuelle Regierung nimmt die Bedrohung ernst. Sie dominieren die ägyptische Gesellschaft nicht mehr. In den Jahren 2012 und 2013, als sie die Macht innehatten, war es für Christen gefährlich, alleine auf die Strasse zu gehen. Unsere Kirchen waren ständig bedroht, viele wurden niedergebrannt. Heute leben wir in relativer Sicherheit. Fanatiker und Terroristen gibt es zwar immer noch, aber sie sind nicht mehr so mächtig.

Aber Ägypten befindet sich in einer Wirtschaftskrise, gibt es deshalb Unruhen?
Ja, wir haben wirtschaftliche Schwierigkeiten, vor allem wegen der Jugendarbeitslosigkeit. Unsere Bevölkerung wächst rasant: Jedes Jahr werden zwei Millionen Ägypter geboren. Der Arbeitsmarkt kann da nicht mithalten. Viele junge Menschen sind arbeitslos, was zu Frustration führt. Ausserdem nehmen wir viele Flüchtlinge aus Kriegsgebieten auf. Früher kamen viele Syrer, jetzt suchen viele Sudanesen bei uns Zuflucht.

Welche Rolle kann Ihre Kirche in diesem Zusammenhang spielen?
Wir versuchen, so viele dieser Migranten wie möglich aufzunehmen. Die koptisch-katholische Kirche spielt eine wichtige karitative Rolle in der ägyptischen Gesellschaft, indem sie Schulen, Krankenhäuser und Kliniken betreibt. Es gibt 180 koptisch-katholische Schulen, die einen sehr guten Ruf geniessen. Viele Muslime möchten ihre Kinder auf unsere Schulen schicken, und sogar einige Regierungsmitglieder haben unsere Schulen besucht. Dies trägt nicht nur zur Bildung bei, sondern fördert auch den Zusammenhalt trotz religiöser Unterschiede.

Was sind die Bedürfnisse der Kirche?
Wir müssen mehr Kirchen bauen. Jetzt, da die Regierung die Hindernisse für den Bau neuer Kirchen beseitigt hat, gibt es Bauprojekte in allen Diözesen. Die Kirchen sind das Herz unserer Gemeinden, aber für viele Gemeindemitglieder sind sie nur schwer erreichbar. Diejenigen, die weit entfernt wohnen, müssen bis zu einem Viertel ihres Gehalts aufwenden, um ihre Familien mit dem Bus zur Sonntagsmesse zu fahren. Ein repräsentatives Beispiel für den Wiederaufbaudrang der koptischen Katholiken ist unsere Kathedrale in Luxor, die niedergebrannt wurde. Dank der Unterstützung von «Kirche in Not (ACN)» wird sie bald vollständig wiederhergestellt sein.